Türkei – Milliarden schwere Investitionen stehen an, jedoch sind die Mittel knapp

GalataAn der Regionalausgabe des World Economic Forum (WEF) in Istanbul wurde nach Wegen gesucht, wie der enorme Infrastrukturbedarf des Schwellenlandes gedeckt werden kann.

Dank dem Generator im Tagungshotel dürften die meisten Teilnehmer des World Economic Forum (WEF) in Istanbul nichts vom stundenlangen Stromunterbruch mitbekommen haben, der am Montagmorgen Teile der türkischen Wirtschaftsmetropole stilllegte. Und wer schon am Sonntag anreiste, der erlebte bloss die «Light-Version» des Verkehrsinfarkts, der an Werktagen die Millionenstadt lähmt.

Zurückhaltende Investoren

Trotz milliardenschwerer Investition in Strassen, Flughäfen sowie Energie- und Telekommunikationsanlagen im vergangenen Jahrzehnt befindet sich die Infrastruktur der Türkei am Anschlag. Daher wird kräftig weiter expandiert – die Regierung beziffert das jährliche Investitionsvolumen auf 40 Mrd. $. Bis 2023, dem 100. Geburtstag der türkischen Republik, soll das Land zu den zehn bedeutendsten Volkswirtschaften der Welt aufsteigen.

An einer Plenumsveranstaltung am zweitägigen WEF-Forum wurden indes Zweifel geäußert, ob Ankara in der Lage sein wird, die ambitiösen Vorhaben zu finanzieren, ohne den Staatshaushalt aus dem Lot zu bringen. Eine Vertreterin der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bezifferte die Finanzierungslücke auf rund 50%. So war die Regierung zum Beispiel gezwungen, das Bauprojekt für die dritte Brücke über den Bosporus zu redimensionieren, nachdem es einem internationalen Konsortium nicht gelungen war, genügend Kapital zu beschaffen. Der Finanzchef der Weltbank, Bertrand Badré, sagte, es müsse mehr getan werden, um die Einstiegsbarrieren für institutionelle Investoren zu senken. Es obliege den involvierten Entwicklungsbanken, Infrastrukturprojekte besser vorzubereiten, damit sie das Interesse privater Geldgeber weckten. Nur wenige Beobachter dürften in Abrede stellen, dass auch die Türkei noch mehr tun kann, um sich im Wettbewerb um ausländisches Kapital als attraktiver Standort zu behaupten.

Betupfter Präsident

Ali Babacan, der für Wirtschaftsfragen zuständige Vizeregierungschef, sprach am Forum die wunden Punkte offen an an. Babacan plädierte unter anderem für eine Stärkung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien. Die bisweilen selbstkritische Analyse Babacans, eines liberalen Leuchtsterns im Regierungsapparat, unterschied sich von den Ausführungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan. In seiner selbstgerecht anmutenden Eröffnungsrede zog dieser ein weiteres Mal über die internationalen Rating-Agenturen her, welche die Türkei nach politischen Kriterien beurteilten. Erdogan, der sich zunehmend autoritär gebärdet, scheint jede Kritik als Schachzug feindlich gesinnter Mächte zu interpretieren. Dem hochgesteckten Ziel des WEF, den Zustand der Welt zu verbessern, ist diese Haltung kaum förderlich.

Foto : http://bit.ly/1pgd3aD

Quelle : nzz.ch

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